Freitag, 14. März 2008

Abschied von Tokyo, Rückreise, eine Welt ohne Grenzen und ein Gedicht (11.3.-12.3.2008)

Heute war es für mich soweit. Ich musste wieder nach Hause. Ich putzte mein Wohnheimzimmer auf Hochglanz und packte meinen Koffer. Gegen 12 kamen Franzi, Anne und Nancy, um sich von mir zu verabschieden, sie wollten heute noch einmal mit unseren Freunden aus dem Gasshuku und anderen zum Karaoke gehen, ein bisschen war ich schon neidisch. Roomchecking und auschecken. Hier machte ich dann schon den ersten Fehler. Ich ließ mich von der Wohnheimleiterin überreden den Bus bis zum Bahnhof zu nehmen anstatt die 20 Minuten zu laufen. Die Linie hielt nur dummerweise nicht an dem Bahnhof, so saß ich irgendwann in der Pampa und musste mich durchfragen. Es gibt da so ein Gerücht, dass Japaner einem schon mal den falschen Weg sagen, wenn sie sich nicht auskennen, nur, um sich nicht die Blöße zu geben. Einmal war mir das ja schon in Ishigawachoo passiert. Heute fiel ich nicht noch einmal darauf herein. Ich kannte den Gesichtausdruck jetzt. Ich vertraute aufs doublechecking. Es stellte sich heraus, dass die Oma, die mir an der Bushaltestelle unbedingt helfen wollte recht gehabt hatte, dass ich sie nur nicht verstanden hatte. Der Opa und die beiden Kinder lagen von der groben Richtung her richtig, ihr Weg stimmte nicht. Erst die drei Oberschüler hatten mir wirklich weitergeholfen. Als ich dann endlich an der richtigen Hauptstraße war, orientierte ich mich anhand der Hochhäuser und sah auch bald in der Ferne das bekannte Gebäude des Bahnhofes. Bis dahin war es allerdings ein weiter Weg. Da ich den Koffer nicht rollen konnte auf den unwegsamen Fußwegen schleppte ich die 19,5 Kilo mal auf dem Kopf, mal auf dem Rücken. Da zahlte sich das ewige „Kartoffelsacktragen“ von Judo aus. Als ich dann endlich in den Zug steigen konnte hatte ich exakt eine dreiviertelstunde Zeit vergeudet, solange hatte nämlich mein Gewaltmarsch zu Fuß gedauert die, die ich gebraucht hatte.
Danach ging es eigentlich verhältnismäßig glatt. Drei Linien bis nach Haneda. Dort fand ich auch eine kleine Apotheke, wo ich mir ein bissel was gegen meine Erkältung holte.
20:50 (Japanische Zeit = JZ) Abflug
22:00 Ankunft in Osaka
23:15 Abflug Osaka nach Dubai<
6:00 OT (ca. 10:00 JZ) Ankunft in Dubai.
Ich hatte noch 2 Dirham (knapp 70 Dollarcent), die ich hier auf den Kopf kloppen wollte. Danach suchte ich mir einen ruhigen Platz und las. Obwohl ich im Flugzeug schon geschlafen hatte und gerade eine Dose Cola getrunken hatte, fühlte ich mich, als könnte ich auf der Stelle einschlafen. Das ist vermutlich eine der Nebenwirkungen meiner nicht eingenommenen Medikamente. Ich merkte wieder, wie groß der Flughafen Dubai ist, als ich vom Gate 14 bis zum Gate 34 fast 1 km zu Fuß zurücklegte. Der Bus, der uns dann zum Flugzeug transportierte fuhr auch so lange, dass man dachte, der will gleich bis Frankfurt durchfahren.<
8:40 OT Abflug nach Frankfurt. In Dubai war bereits die Sonne aufgegangen, warm war es dennoch nicht, allerdings hatte sich das Lichtermeer jetzt in eine orientalische Großstadt verwandelt. Irgendwo mitten in der Wüste lagen große Anwesen mit grünem Gras und großen Häusern, Hubschrauberlandeplätzen und Swimmingpools. Wir flogen über weite menschenleere Landschaften mit hohen Bergen und tollen Felsformationen. Später lag ein Land unter uns teilweise bewaldet und teilweise Wüste und Schnee auf den Bergen; wir waren etwa 200-400 km westlich von Theheran. Wir überflogen die türkisblauen türkischen Küsten das Baltikum mit seinen weiten Feldern und kamen schließlich nach Deutschland, wo sich ein kleines Dorf zu einem anderen gesellte. Diese Welt sah von oben so friedlich aus. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Menschen in solchen Ländern Krieg führten. Vom Flugzeug aus betrachtet liegt die Ewigkeit doch näher als die kurze Spanne des menschlichen Daseins. Wer die Welt von Flugzeug aus betrachtet sieht keine menschengemachten Grenzen, man sieht nur das ewige Land, wo sich eine schöne Gegend an die Nächste reiht. Vielleicht sollten wir Menschen uns dessen einmal bewusst werden, wenn wir im Flugzeug sitzen
Am 12.3 um 13:20 Uhr Ortszeit setzte das Flugzeug auf der Landebahn auf. So schön, wie Fliegen auch ist, das mit dem Landen vertrage ich immer nicht, besonders wenn der Landeanflug eher einem Parabelflug ähnelt.
In Frankfurt nahm ich den Zug nach Leipzig und tippte meinen Blog der letzten Tage. Am Bahnhof holten mich dann meine Eltern ab und waren heilfroh, dass ich heil wieder nach Hause gekommen war.

Was nehme ich mit aus diesen vier Wochen?
Nun, Japan ist ein landschaftlich wunderschönes Land, was man leider in den (fast immer gleich aussehenden) Stadtteilen Tokyos kaum sieht. Ich habe viel gelernt über die Kultur und Geschichte Japans und auch mein Japanisch ist viel besser geworden. Der Reiz des Landes liegt zweifelsohne in der Vermischung von Tradition und Moderne, den Menschen und ihrer Kultur. In Japan ist vieles gleich, aber doch irgendwie alles anders. Anders gleich. Wer immer die Chance hat nach Japan zu kommen, sollte sie wahrnehmen, es wird eine unvergessliche Reise werden. Ich betrachtete es schon etwas mit Wehmut, ich hatte die Stadt mittlerweile in mein Herz geschlossen. Ich möchte diesen Blog mit einem Gedicht beenden, welches ich geschrieben habe, als ich neu in Halle war. Es heißt, der Fremde:

Ein Fremder in einer fremden Stadt,
einsam und allein
einer, der nichts und niemanden hat,
will nicht mehr einsam sein.
Fremdes Pflaster, fremde Straßen,
fremde Bäume, fremder Rasen,
fremde Blumen, fremde Blätter,
fremder Wind und fremdes Wetter.
Er sieht lauter fremde Sachen,
fremde Menschen, fremde Sprachen.
Nur er sieht die Mauer zwischen sich und den anderen,
den Fremden, jeder weiß, wo er geht.
Er könnte die Straßen ewig durchwandern
Sie sind innerlich tot, er weiß nicht wo er steht.
Die Zeit verstreicht, sie schreitet voran,
und der Fremde schaut sich alles genauer an.
Die Blumen und Bäume, die Flüsse und Seen,
er versucht die fremde Stadt zu verstehen.
Er sieht das Leben hinter den Fassaden,
er sieht den Menschen direkt ins Herz,
er fühlt die Angst
hinter den Maskeraden,
er fühlt ihre Freude und ihren Schmerz.
Er sieht das Weinen und das Lachen,
wie überall auf dieser Welt.
Sieht, wie Menschen, Menschen Freude machen,
denkt: Wie hat mir das gefehlt.
Und plötzlich schwingt er im gleichen Takt,
er lebt mit ihr,
wird hineingerissen,
will nicht mehr weg von hier,
will sie nicht mehr missen,
jetzt versteht er plötzlich die fremde Stadt,
er versteht die Menschen, sieht, was er hier hat.
Die Straßen betritt er wie einen eingetretenen Pfad,
zu seiner neuen Heimat wird ihm diese Stadt.
Die Mauer bricht zusammen,
er hat lang davon geträumt,
alle Menschen werden Brüder
und der Fremde wird zum Freund.

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